Zum Hauptinhalt springen Skip to page footer

Newsletter »ValiKom Transfer« Ausgabe 01/2021

Bewertung von Berufskompetenzen

Herzstück des Validierungsverfahrens, mit dem berufliche Kompetenzen bewertet und zertifiziert werden, ist die sogenannte Fremdbewertung. Damit stellen Berufsexperten und -expertinnen fest, ob die Teilnehmenden die notwendige Handlungskompetenz für die Ausübung eines bestimmten Berufes besitzen.

Um die Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse, die für die Berufsausübung benötigt werden, zu bewerten, werden verschiedene Instrumente eingesetzt:

  • Arbeitsprobe,
  • Fachgespräch,
  • Fallstudie,
  • Präsentation,
  • Probearbeiten im Betrieb,
  • Rollenspiel/Gesprächssimulation

Das Fachgespräch wird typischerweise eingesetzt, um festzustellen, ob die Teilnehmenden über die nötigen Kenntnisse – also das berufsspezifische Handlungswissen – verfügen. Aber auch mit einer Arbeitsprobe, bei der besonderes Augenmerk auf motorische Fähigkeiten gelegt wird, kann zum Teil Fachwissen nachgewiesen und bewertet werden, denn bei der Ausführung von Tätigkeiten wird immer auch auf vorhandenes Wissen zurückgegriffen.

Beispielsweise muss ein Friseur beim Haarefärben nicht nur die Einwirkzeiten der einzelnen Produkte kennen, sondern auch wissen, ob sie für die Haarstruktur der Kundin geeignet sind. Der Einsatz von geeigneten Produkten und die richtige Handhabung der Produkte während einer Arbeitsprobe zeigt also, ob das erforderliche Fachwissen für eine sachgerechte Berufsausübung vorhanden ist.

 

Bewertungsverfahren der HWK Mittelfranken in besonderem Umfeld

Zwei Kandidaten, zwei Maler-und Lackierermeister als Berufsexperten, die Kammermitarbeiterin – eine ganz normale Validierung, wären da nicht hohe Mauern und Stacheldraht: Wir befinden uns inder Justizvollzugsanstalt (JVA) Nürnberg. Die Teilnehmer am Validierungsverfahren sind Insassen im Strafvollzug.

Die Frage, wo Menschen mit Berufserfahrung, aber ohne Abschluss zu finden sind, führte Nina Kielmann, Projektmitarbeiterin bei der Handwerkskammer für Mittelfranken, ins Gefängnis: Viele der Inhaftierten haben die Schule oder eine Ausbildung abgebrochen, haben mal hier, mal dort gejobbt. Und doch haben sie sich im Berufsleben Kompetenzen angeeignet, die ein Validierungsverfahren sichtbar machen kann. „Für den einen oder anderen kann ein Zertifikat der Handwerkskammer bei der Bewerbung sicherlich hilfreich sein. So hat er vielleicht eine bessere Chance auf dem Arbeitsmarkt und kann den Kreislauf von Job – Drogen – Gefängnis durchbrechen,“ so Herr Schönfelder, Leiter des Werkdienstes in der JVA Nürnberg.

Unsere zwei Kandidaten zeigen in der Malerwerkstatt in der JVA ihr Können. Maler- undLackierermeister Günther Federl, Ausbilder im Bildungszentrum der Handwerkskammer für Mittelfranken, sowie Herbert Wahner, Maler-und Lackierermeister im Werkdienst in der JVA Nürnberg, beobachten sie dabei genau. Denn: „Wir tragen hier eine große Verantwortung. Wenn wirdie Kenntnisse bescheinigen, dann sollen sich die Betriebe draußen auch sicher sein, dass derTeilnehmer dies auch wirklich kann. Durchwinken gibt es nicht“, sagt Günther Federl. Eigentlich doch eine ganz normale Validierung, nur dass eben alle Verfahrensschrittein der JVA stattfinden – vorangegangen ist die Beratung der Interessierten durch die Kammermitarbeiterin.

Ist eine Validierung sinnvoll? Reicht die Berufserfahrung – und die Motivation? Das Ausfüllen desSelbsteinschätzungsbogens sowie die sorgfältige Erstellung eines Lebenslaufs stellen für den einen oder anderen Straffälligen bereits eine Hürde dar und lässt die Motivation sinken. Die eigenen Kenntnisse werden manchmal überschätzt oder man will sich bei der Fremdbewertung keine Blöße geben. Die Validierungsverfahren der Kammer sind immer ein freiwilliges Angebot – die Personen entscheiden selbst, ob sie es nutzen wollen oder nicht.